Konzert
vom - Stadttheater
Ensemble Noisten
»Die wahre Melodie lässt sich ganz ohne Stimme singen, sie singt drinnen im Herzen«. Dieses ausnahmsweise an den Beginn gestellte Zitat ermöglicht einen ungewohnt thematischen Einstieg. Denn folgend geht es um gesang- aber nicht stimm- oder bedeutungslose Musik: Klezmer. Die jüdische Traditionsmusik, die auf Gesang verzichtet, deren Instrumente aber Melodien erzeugen, die an die menschliche Stimme erinnern sollen. Ursprünglich basiert diese Musik auf traditionellen Liedern, aber das aus Nordrhein-Westfalen stammende Ensemble rund um den Klarinettisten Reinald Noistenhat es sich zur Aufgabe gemacht, jüdische Musik durch Improvisationen und Eigenkompositionen weiterzuentwickeln.
»Klezmer trifft Derwisch« – spannender kann ein religiös-musikalisches Crossover kaum sein. Diese Produktion aus dem europäischen Kulturstadtjahr RUHR 2010 präsentiert der Verein Jazz und Folk Cuxhaven e.V. in Zusammenarbeit mit der Stadt Cuxhaven – Fachbereich Kultur –ausnahmsweise nicht in den HAPAG-Hallen, sondern im Stadttheater. Zum einen gibt es dort für den tanzenden Derwisch eine wesentlich größere Bühne, zum anderen passt der Rahmen auch besser zum konzertanten Charakter der Veranstaltung.
Zu erleben ist ein vitales und pulsierendes Projekt. Das renommierte Ensemble Noisten aus Wuppertal sieht das Projekt »Klezmer trifft Derwisch« als Dialog zweier unterschiedlicher Kulturen, die in Musik und Tanz zusammenfinden. Klezmer, die Musik der jüdischen Seele und Sufi-Musik aus dem Islam stehen für sich und werden miteinander verbunden. Dazu wird ein Derwisch tanzen.
Das Ensemble Noisten, das längst zu einer festen Größe in der Klezmer-Szene geworden ist, hat diese traditionelle jüdische Musik durch Improvisation und Eigenkompositionen weiterentwickelt. Die ungewöhnliche Besetzung, die unterschiedliche musikalische Herkunft der Musiker und die leidenschaftliche Interpretation lassen das Konzert zu einem außergewöhnlichen Hörgenuss werden. Reinald Noisten, Leiter des Ensembles, konnte seine Virtuosität auf der Klarinette u.a. in Meisterkursen bei Giora Feidman vollenden.
Für das »Klezmer trifft Derwisch«-Projekt hat das Ensemble den bekannten Sufi-Musiker Murat Cakmaz engagiert. Cakmaz spielt diese aus dem Orient stammende Musik auf der Ney – der traditionellen Rohrflöte. Die Ney ist ein uraltes Instrument, das schon in den Wandreliefs des antiken Ägyptens zu finden ist. Ihr Klang wird als mystisch und meditativ beschrieben.
Der Derwischtänzer Talip Elmasulu wurde 1973 in Malatya, Türkei, geboren und wuchs in Istanbul auf. Seit seiner Kindheit war er als Tänzer und Theaterschauspieler aktiv und besuchte verschiedene Kurse und Workshops. Er gab Kurse für Kindertheater, Pantomime und Choreographie und spielte Theaterrollen im türkischen Fernsehen. 1990 trat er der Sufi-Bruderschaft der Galata Mevlevi in Istanbul bei und befasste sich fortan intensiv mit Sufismus und dem Drehtanz »Sema«. Mit dem Sema-Tanzensemble des Galata Mevlevi Ordens trat er bei mehreren Musik- und Tanzfestivals in Europa auf. Seit 2001 lebt er in Deutschland und arbeitet als Mitglied verschiedener Musik- und Tanzprojekte – unter anderem in Zusammenarbeit mit Reinald Noisten.
Shan Devakuruparan ist kein Jude, was man auch nicht zwingend sein muss, um Klezmer zu spielen. Aber er beherrscht auch kein Instrument, das in der jüdischen Volksmusik genutzt wird. Das war jedoch kein Hindernis für den Klarinettisten Reinald Noisten, den Tamilen Shan Devakuruparan für sein Ensemble zu verpflichten. »Das passt einfach«, sagt Devakuruparan, und in der Tat verbinden sich die komplexen Rhythmen, die er Tablas und anderen Trommeln entlockt, verblüffend mit der jiddischen Musik.